Dampfendes Bügeleisen

Curriculum Vitae

Oder die Kunst, Prioritäten zu setzen

Es gibt nur sehr wenige Pflichten, die ich noch schlimmer finde, als das Verfassen meines „Lebenslaufs“. Das Gefühl dabei ist beklemmender als die Unruhe, die mich damals regelmäßig während der Matheklausur überkam. Ich halte es sogar für noch lästiger und sinnloser als Bügeln.

In beiden Fällen bekomme ich die Falten nicht raus, aber beim Bügeln kann man wenigstens noch an was Schönes denken. So kann ich währenddessen, bei rauem Klima, irgendwo an der Nordsee im Strandkorb sitzen. Auf dem Schoß einen Käsekuchen mit zarten Zitronengeschmack, der so luftig ist, dass er, kaum im Mund, auf der Zunge zerfließt …

Beim Schreiben meiner Vita befinde ich mich aber leider ausschließlich auf dem öden Boden der Tatsachen. Es gibt ja unzählige Ratgeber zu diesem Thema. Nur passen die alle nicht für mein Leben. Welchen Kniff ich auch verwende, meine „Laufbahn“ sieht nie glamourös aus, nicht einmal ein bisschen. Da folgt auch leider nichts logisch aufeinander. Und die unproduktiven Löcher lassen sich weder mit Auslandsaufenthalten noch mit so etwas wie „Phasen der Umorientierung“ erklären. Floskeln sollen ja wahnsinnig hilfreich sein, um zu verbergen, dass sich hinter einer Sache nichts verbirgt. Zumindest nichts „Laufbahnrelevantes“. Aber nicht einmal die fallen mir ein.

Dem Trend im Netz folgend könnte ich es ja mal damit versuchen alles in der dritten Person zu schildern. Das klingt gleich sehr seriös und total komisch. Diese Lebensläufe sind dann so verfasst, als wären sie von einem ausgewiesenen Experten über das Leben und die Qualifikation von XY geschrieben, der nicht er selber ist. Wer bitte soll denn das sein?

Ganz im Gegensatz zur Matheklausur, die heute keinen mehr interessiert, bleibt die lästige Pflicht zum „CV“ ja leider beinahe lebenslang bestehen und wird durch rausschieben nicht einfacher. Allerdings türmen sich bei mir wirklich seit Wochen Berge von Blusen. Ein derart „zerknittertes“ Auftreten, könnte selbst der schönste Lebenslauf nicht kompensieren. Das kleinere Übel mit der größeren Wirkung ist heute also ganz eindeutig: bügeln.

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